re:publica: Falsche Narrative, richtige Visionen und was uns allen fehlt

wpid-20140507_110355.jpgDie Republik trifft sich. Nein, falsche Formulierung, die res-publica trifft sich auf der re-publica. Wer im Jahre 2014 auf die re:publica kommt, weil er ein Treffen von Nerds mit Nerds, von Bloggern mit Bloggern erwartet, dürfte enttäuscht worden sein.

Selten war die re:publica so sehr auch Spiegel der Gesellschaft, wie dieses Jahr. Das mag auch der schieren Menge an Besuchern und der immer weiter ausfächernden Vielfalt der Themen für die Sessions geschuldet sein. Und dennoch zieht sich auch weiterhin ein digitaler roter Faden durch die, ja was ist die re:publica eigentlich? Konferenz, ne, dazu kann man zu sehr auf Augenhöhe kommunizieren. Barcamp? Zu vorausgeplant. Sagen wir es so, die re:publica ist die Quintessenz dessen, was als immerwährender Diskurs das Jahr über durch die wie wir gelernt haben eigentlich gar nicht vorhandene Netzgemeinde wabert. Sparen wir uns das erste Wort Netz und ersetzen das zweite durch Gesellschaft, kommen wir der Sache schon näher. Die re:publica 2014 ist auch Schmelztiegel von Vorreitern, Mahnern, Vor- und Querdenkern der ganzen Republik (sic). Wenn ein Raul Krauthausen Car Sharing für Menschen mit Behinderung fordert, hören ebenso alle zu, wie wenn ein „einfacher Blogger“ eine Session hält. Es geht nicht um Rollen, um Titel oder Reichweite. Es geht um den offenen Austausch.

Und es geht auch darum, aushalten zu können, wenn Sascha Lobo die Saalgemeinde beschimpt, weil wir doch alle den Worten keine Taten folgen lassen, weil wir alle immer dann laut werden, wenn wir dafür nicht von der Tastatur weg müssen.

Was ich für mich von der re:publica mitnehme ist, dass wir alle verdammt nochmal endlich unseren Hintern hoch kriegen müssen und den Marsch durch Insitutionen, seien das nun Schulen, Vereine, Behörden,Medien gehen müssen um das mal zu tun, was wir seid Jahren immer fordern….. Aber halt nur von „den anderen da“. Wir müssen das Digitale ins Analoge tragen. Wir müssen Menschen die Potentiale aufzeigen und die Gefahren.

Und zwar in deren Narrativen. Auch das ist ein Auftrag an uns alle. Macht die Botschaft sexy. Zeigt, dass es wichtig, relevant und wertvoll ist, sich Gedanken zu dem zu machen, was unsere Regierung im Fall Snowden tut, und noch viel wichtiger, was sie nicht tut. Wir brauchen klarere Botschaften, wir müssen die Aushorchverbrecher vorführen. Der Protest muss laut, muss öffentlich und muss penetrant sein und bleiben.

Und was ich auch gelernt habe. Wir sollten verdammt nochmal aufhören, unserer Jugend das Engagement, die Innovationsfreude, die Fähigkeit zwischen gut und schlecht zu unterscheiden abzusprechen.

Die Jugend kann sehr wohl zwischen gut und böse, zwischen gut und schlecht unterscheiden. Aber für sie gehören die „alten Medien“ und ja, dazu BnBtqVkCAAAOR1egehören auch bereits die ersten Blogs bereits zum Bereich schlecht. Wenn ich erlebe, wie indifferent meine Kinder dem Thema Datenschutz gegenüber standen, wie oft ich mit ihnen sprechen musste, bis sie verstanden, was gut und was schlecht ist wenn online gestellt, das waren viele Gespräche. Bis zu dem Tag, an dem sie bei ihrem heißverehrten Youtuber @lefloid plötzlich etwas über PRISM und Snowden hörten.

Nun bin ich es, der hinterher hecheln muss um all ihre Fragen sinnvoll,ehrlich und auch vernünftig jenseits meiner Filterblase als „fucking old digital native“ zu erklären.

Ich glaube, wir sind bereits so sehr zum digitalen Establishment mutiert, dass wir uns in den nächsten Monaten ganz schön lang machen müssen, um von unserem hohen „Wir wissen doch alles besser als ihr“ Ross runterzukommen.

Die re:publica im Jahre 2014 und im Jahre 1 nach Snowden der digitalen Zeitrechnung ist tatsächlich in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Nun müssen ihr die Telnehmer in Kopf, Herz und Blog folgen.

We are living the future ist wohl wahr. Aber für 2015 ist mein persönliches re:publica Motto: Out of the wild, into the public.

Und für uns alle, für jeden Tag, für jeden Ort: Kriegen wir endlich unseren Arsch hoch und machen wir unseren Mund auf. Und seien wir penetrant. Erst wenn wir diejenigen, die sich ignorant über den Willen der Bürger und der digitalen wie analogen Gesellschaft hinwegsetzen so richtig nerven können wir sagen: „Now we are talking public“