Das Wissen, das Leben und die Angst

Ich war sechs Wochen in Reha. Und abschließend wurde mir bescheinigt, doch all meine Mechanismen sehr gut zu durchschauen. Das mag stimmen. Aber das Problem ist die Umsetzung, die Realität, die vielen Trigger.

Natürlich weiß ich, wie wenig ich kontrollieren kann, was heute, was Morgen, was in drei Monaten passieren mag. Aber es gibt immer Dinge, die man zu Tode denken kann. Es kann was kaputt gehen, was zu viel kostet. Krankheiten, Unfälle, es gibt ein ganzes Portfolio von Themen, die sich Leben nennen und die dich mit einer Angststörung wie eine Lawine überrollen können.

Und da hilft leider kein noch so guter Ratschlag oder das Bewußt machen, dass wir eh nicht kontrollieren können, wie unser Leben verläuft, sondern maximal Richtungen einschlagen, Pfade wählen.

Jeden Tag ist es aufs neue ein Kampf gegen die Panik, gegen die Ängste und das zermürbt. Wenn ich nicht mein Umfeld hätte, meine Stützen, dann würde vermutlich viel häufiger ein Aufenthalt in der Klinik nötig. Aber mein Fangnetz ist gerade in Zeiten von Corona sehr dünn. Manchmal bedrohlich dünn.

Dann hilft es nichts, dann muss ich die Notbremse ziehen, meinen Arzt konsultieren und ggf. eine Auszeit nehmen. Aber schon das macht Angst, weil man ja nicht so leistungsfähig ist, wie man das gerne hätte.

Wenn ich eine Sache gelernt habe in den Kliniken, dann ist es Selbstfürsorge. Nur wie man das gegenüber der eigenen Angst umsetzt. Da fehlt es noch ganz gewaltig.

Das Problem vor allem, es gibt immer ein Szenario, das tatsächlich passieren kann. Und dann hört die Angst nicht auf, zu bohren. Statt Zuversicht gibt es da dann nur Panik und Angst. Und mit meiner Familiengeschichte gehört das Erlernen von Zuversicht, Selbstvertrauen und der Glaube an die eigene Selbstwirksamkeit einfach nicht zu meinen erlernten Talenten. Das muss ich meist in anstrengenden Gesprächen, üblen Tagen und auch unter der einen oder anderen Träne erarbeiten.

Was sich aber definitiv durch die Kliniken gebessert hat und was mir hilft: Ich habe das Ganze als eine Krankheit, meine Krankheit angenommen und weiß, es ist kein unabdingbares Faktum, immer mit Angst und Panik zu leben.

Das lässt mich weiter kämpfen und auf Besserung hoffen.