Immer wieder bescheinigen mir Leser oder Zuhörer meiner Vorträge, ich sei doch sehr mutig, so mit meiner Krankheit umzugehen.
Das ist für mich ein zweischneidiges Schwert.
Was ich tue hat für mich nichts mit Mut zu tun, eher mit der Erkenntnis, dass ich viel zu lange darüber geschwiegen habe, dass es mir einfach gut tut, offen über meine psychischen Probleme zu sprechen.
Es ist nicht mit Angst belastet, die ich überwinden musste vor einer Gefahr, einer ureigenen Furcht vor etwas bedrohlich Unbekanntem. Mut heißt in meiner Definition vor allem, in einer mit Angst beladenen Situation dennoch zu handeln und hier vor allem auch richtig zu handeln. Also kein Ausweichen, kein Rückzug sondern zunächst der Schritt nach vorne, der Angst entgegen.
Wenn das aber stimmt, dann ist jeder mutig, der sich seiner psychischen Problematik stellt, sei es Angst, Panik, Depression, Schizophrenie oder irgendwas anderes.
Mut ist auch, seine eigenen Schwächen zu erkennen und zu benennen, die verwundbaren Stellen nicht zu verstecken, sondern offen zu tragen.
Mut ist für mich vor allem eins. Handeln. Voran gehen, Vorbild sein, auch mit und durch die eigenen Schwächen.
Mutige Menschen sind seltene Menschen. Weil sie eben nicht ohne nachzudenken in jedes Abenteuer gehen. Weil sie vielmehr ihre Angst und ihre Schwächen kennen und trotzdem das Voranschreiten wagen.
Helden sind mutig, nicht stark oder übermenschlich. Helden sind Menschen, die den schwereren Weg gehen, der aber authentisch ist und der voran bringt.
Mutige Menschen ruhen sich nicht auf dem Status Quo aus sondern arbeiten an Veränderung, wo sie Veränderung für nötig erachten.
Und mutige Menschen interessieren sich nicht für das Bild oder die Vorstellungen anderer darüber, wie sie zu handeln haben.
Insofern. Seid Helden, seid mutig. Indem ihr Angst, Schwäche und Niederlagen nicht meidet, sondern begrüsst, nicht versteckt, sondern ins Tageslicht zerrt. Und nicht gegen sie kämpft, sondern mit ihnen voranschreitet. Angst als Begleiter heißt auch den Feind unter Kontrolle zu haben.