Hätte es ihn nicht gegeben, diesen einen Tag,
wo das Tunnelendlicht sich als Zug erwieß,
wo das Leben den Endpunkt zu erreichen schien,
ich würde es nie erfahren haben,
mein zweites Leben, seinen ersten Tag,
und viele weitere, die seitdem folgen,
denn ich lebe wieder, lebe neu, lebe jetzt, lebe erst,
die Jahre davor waren wie eine Kopie, eine Variante
des Lebens, so gar nicht meins, aber dennoch voll
Geschehen, das mich weitermachen ließ,
Liebe, Freundschaft, Familie, schöne Momente
es gab sie durchaus,
aber irgendwas fehlte, war falsch, war gestohlen,
es fühlte sich hohl an, ich folgte falschen Idealen,
„Sei folgsam, sei erfolgreich, mach Karriere“
alles falsche Kreuzungen meines Lebenswegs,,
erst als der letzte Abzweig vor der Klippe endete,
erst als schon Steine ins Meer stürzten, da war genug verloren
um die eine Brücke zu betreten, die mir immer zu gefährlich schien,
am anderen Ende war nicht purer Sonnenschein, aber ein
Meer spannender Pfade, kaum begangen, neu und aufregend,
da war das Leben, das echte, das eigene, das ich fast für eine
billige Kopie meiner Selbst geopfert hätte.
Die Menschen mit den Dolchen, den Urteilen, der Ignoranz,
sie scheuten die Brücke, sie wollten mich zurückziehen auf den Pfad
der Tugend, der Folgsamkeit, der Langeweile,
aber seitdem ich den Luftzug des Abgrunds an jener Klippe gespürt habe,
seitdem ich auf dem neuen Weg jene traf, die mir alles bedeuten
und sie mich auch auf den neuen Pfaden begleiten kann ich sagen,
ich lebe. Ich bin alt, was die Jahre angeht, aber nochmal wiedergeboren
und jung, willens, vieles aufzuholen, auf dem Weg, falsche Ideale abzulegen
und meine Wünsche. MEINE Wünsche. Das Leben wie andere es für mich
vorgesehen haben, es ist nicht mehr meins.
Und es ist mir egal, was sie sagen, es ist mir egal, was sie denken, denn sie
denken klein, sie leben klein und ihre Bedeutung ist klein, immer kleiner weil
nichts echt ist an ihnen, nichts wertvoll, nichts wert, darüber nachzudenken.
Hätte es ihn nicht gegeben, diesen einen Tag,
ich wäre heute tot, vielleicht nicht zur Gänze, aber meine Seele wäre vertrocknet,
die jetzt blüht.
ich wäre nicht Autor, nicht Künstler, nicht Mensch.
Ich wollte nie sterben, aber das Leben zurückgeben, das man mir aufgedrängt hatte.
Hätte es ihn nicht gegeben, diesen einen Tag.