Lagebericht vom Land der Bekloppten und Bescheuerten

stuehleMittlerweile bin ich bald die 10 Woche in der Tagesklinik und davor 8 Wochen in der stationären Klinik in Weinsberg. Allen Pflegerinnen und Pflegern, allen Therapeutinnen und Therapeuten meinen wirklich absolut zutiefst empfundenen Dank. Sie waren das kleine tapfere Licht im Dunkel, die helfende Hand, wenn man wieder mal dachte, dass die Welt ohne einen besser wäre. Ich kann gar nicht beschreiben, wie sehr ihr mir geholfen und mich gerettet habt. Ihr seid meine persönlichen Superhelden.

Weinsberg, viele verbinden damit immer noch Zwangsjacken und völlig Durchgeknallte. Sicher, den einen oder anderen gibt es dort tatsächlich. Ich würde lügen, würde ich das leugnen. Aber die erdrückend große Mehrheit ist eigentlich völlig normal. Aber sie hat seelische Wunden davon getragen. Viele landen in der Psychiatrie wegen Depressionen, Drogenmissbrauch, Alkoholmissbrauch. Dahinter stecken aber, das habe ich sehr intensiv und für mich nicht immer leicht gelernt, seelische Verletzungen die schon Jahre, meist sogar Jahrzehnte zurückliegen.

Und sie hätten verhindert werden können. Bitte, angehende oder gerade gewordene Eltern. Wenn ihr glaubt, ihr wisst nicht, wie Elternsein geht, wenn euch jede Idee fehlt. EINES ist wichtig. Alles andere könnt ihr machen wie ihr wollt, aber bitte ZEIGT EUREN KINDERN DASS IHR SIE LIEBT. Jawohl, das musste geschrien werden.

Was mir fehlte, und zwar gerade als Kind war Liebe, das Gefühl, von jemandem bedingungslos geliebt zu werden. Keine Umarmungen, kein Ich hab dich lieb. Nein, ich war allein. Auch später, bis weit in die Pubertät.

Keine  Seele steht das durch, KEINE. Alle Probleme der letzten Jahre, all die verdammt großen Ängste und verdammt schwarzen Tage hätte ein Wir haben dich lieb in der Kindheit sicher hinfort gewischt.

Also ihr Eltern da draußen, auch wenn euer Kind etwas angestellt hat, auch wenn es schlechte Noten bringt. Bestraft es NIE mit Liebesentzug. Das ist keine Strafe sondern seelische Körperverletzung.

Ich bin jetzt noch eine Woche in der Tagesklinik, danach warte ich auf die Mitteilung von Rentenversicherung und REHA und dann sind es nochmal vermutlich 6 Wochen, bis ich endlich meinen neuen Weg gefunden habe.

Im Moment sitze ich hier, mit Tränen in den Augen und höre seit mind. 1 Jahr zum ersten Mal wieder endlos die unglaublich schöne Musik von Queen, die ich mir in meiner immer dunkler werdenden Phase meiner rezidierenden Depression  nicht mehr erlaubt habe. Weil es einfach nichts glückliches mehr gab. Und das trotz wunderbarer Kinder und toller Ehefrau. Da ist das Monster Depression unerbittlich und zerstört jeden positiven Gedanken, jede glückliche Erinnerung. Nie war ich so vergesslich wie während der tiefen dunklen Phase meiner Depression.

Oh, und Ende des Jahres, wenn ich alles überstanden habe und hoffentlich wieder stabil bin, wird mein erstes Projekt nach der Klapse starten: Aus meinem Tagebuch während des Klinikaufenthalts wird ein Buch entstehen. Eine Autorenagentur wird mich dabei betreuen und ich hoffe, dass ich mit meinen Erfahrungen manche Ängste nehmen kann und wenigstens ein oder zwei Menschen dazu, statt aus dem Leben scheiden zu wollen es anzupacken und sich helfen zu lassen.

Langsam, ganz langsam tauche ich wieder auf, kann wieder lächeln, lachen.

 

Langsam, ganz langsam höre ich auf zu existieren,

 

und

 

beginne zu leben. (Tritt (glücklich) weinend ab)