Das Ende der Kulturkritik: Die Beliebigkeit des Web 2.0

Eine Meinung ist eine Meinung ist eine Meinung. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Als sich die Verbreitungskanäle für Kulturkritik auf Zeitung, Radio und TV beschränkten und es einige wenige „Kulturkritiker“ gab, deren Meinung man folgen konnte oder nicht, die aber auch eine dezidierte Meinung unterfüttert durch eine nachgewiesenes Hintergrundwissen und ein Talent für gute Schreibe hatten, haben Kritiken nicht nur Spaß gemacht, sondern auch noch einen gewissen Wert gehabt.

Aber durch die Möglichkeiten des Web2.0 gefördert, kann sich heute jeder als Kulturkritiker aufspielen und Filme, Bücher, Spiele zerreissen oder in den Himmel loben. Das an sich wäre ja nicht negativ. Nur verschwimmt zusehends die Wertigkeit einer Kritik durch die Vielfältigkeit und damit Beliebigkeit. Wer mir nicht glauben möge soll nur einmal versuchen, zu irgendeinem Mainstreamfilm oder Buch eine Pro Meinung im Netz zu finden und gleichzeitig eine Contra Meinung. Er wird fast immer Erfolg haben. Auch die Wertungen bei Amazon werden immer belangloser, weil sie oft, speziell bei Technik oder anspruchsvoller Literatur bzw. Genrefilmen weniger von fundiertem Wissen über Filme, Inhalte und Qualitätskriterien zeugen, sondern von Unverständnis, sich nicht auf etwas schwieriges, intellektuell anspruchsvolles einlassen wollen geprägt sind. Gerade was Buchkritiken angeht beginne ich wieder , die Offline bzw. Einwegmedien wie die oft eigenwilligen aber von einer klaren Linie gekennzeichneten Kritiken eines Denis Scheck oder das Feuilleton von ZEIT oder Süddeutscher schätzen zu lernen.

Denn der platte Massengeschmack kommt offensichtlich im Netz sehr gut an. Aber was etwas mehr intellektuelles Engagement fordert, das kippt oft hintenüber. Schön dabei nur, das landet dann oft bei Restpostenversendern wie zweitausendeins, Weltbild oder Joker. Da bekam ich schon manchen schönen Klassiker, manchen philosophischen Sammelband oder auch manch Gesamtwerk eines bedeutenden Autors für weniger als ein Drittel des Neupreises. Dank insofern dennoch an den Mainstream.

Nur leider ist das nicht gerade förderlich für etwas anspruchsvollere Literatur, Kunst oder auch Musik. Gefällig ist der Massengeschmack. Daß dieser nicht unbedingt auch Qualität bedeutet zeigt uns nicht nur durch ihren Künstlernamen Lady Gaga. Oder auch Literatur wie die „Biss“ Reihe… Da bekommt für mich der Wortteil Grauen im Buchtitel „Biss zum Morgen-Grauen“ eine ganz tiefe wenn auch sicher nicht vom Autor gewünschte Bedeutung.