Von Drohungen, Prioritäten und dem nicht mehr Schweigen

Ja, mein Suizidversuch und die Zeit in den Kliniken haben mich verändert. Ich bin toleranter und intoleranter geworden. Toleranter gegenüber Menschen, die mit sich oder ihrem Leben zu kämpfen haben. Und sehr viel intoleranter gegenüber Diskriminierung, Intoleranz, Vorurteilen.
Und ich bin nicht mehr bereit, meinen Fokus im Leben alleine darüber zu definieren, was andere für relevant halten. Mein Fokus ist jetzt auf Aufklärung, Entstigmatisierung, den Kampf für mehr Verständnis für psychisch kranke Menschen gerichtet. Denn sie kämpfen einen schweren, oft lebensgefährlichen Kampf und haben unsere Unterstützung, unsere Anerkennung verdient, nicht Hohn, Spott oder eine Sicht, die uns psychisch kranke Menschen als gefährlich stigmatisiert.
Ich werde nicht mehr den Mund halten, wie man es mir mehr als einmal durch Drohungen und Untergangsszenarien einreden wollte. Drohen, weil man Angst hat, ich könne die Wahrheit sagen, ist nicht länger eine gute Idee. Eher ein Antrieb, noch ehrlicher, noch offener zu sein. Wer meine Aktivitäten für bedrohlich hält, der hat mich noch nicht bedrohlich erlebt. Ich werde kämpfen. Für einen offenen Umgang mit psychischen Krankheiten. Gegen Menschen, die psychisch Kranke nicht ernst nehmen, ihnen drohen oder sie zum Schweigen bringen wollen. Ihr lest immer wieder mal von den berühmten „Drohbriefen“. Ich habe sie noch, weil ich bis heute extrem wütend darüber, mich aber gleichzeitig nicht auf dieses niedere Niveau begeben möchte. Noch nicht. Es sei denn, man zwingt mich dazu. 
Erst wenn psychische Krankheiten so normal gesehen werden wie physische, könnte es sein, dass ich meine Aufklärungsarbeit beende. Aber ganz ehrlich, noch sehe ich viel zu viel Unverständnis, um zu schweigen.