Meine „Lächeln und Winken“ Philosophie oder warum ich dennoch nett sein will.

Vor kurzem wurde ich wegen meiner Aussage „Lächeln und Winken“ schon fast falsch verstanden, deshalb hier mal die Erklärung. Auch wenn ich immer wieder vermittelt bekomme, man müsse agressiv sein, seinen Willen durchsetzen, nicht nachgeben, auch damit leben, dass man sich Feinde macht.

Mag alles richtig sein. Aber das bin nicht ich. Wenn ich es mittels Konsens schaffe, habe ich einen entscheidenden Vorteil. Ich habe mir auch noch die Sympathien des Gegenüber gewonnen bzw. erhalten. Viele Siege, die man im Leben erreicht gehen auf Kosten von Beziehungen zu anderen Menschen. Ich lächle lieber und winke, versuche also, Sympathien zu gewinnen, statt mir durch Druck und Aggressivität anderer Menschen erzwungene Zustimmung zu erlangen, die doch meist mit stiller Ablehnung und im Extrem Feindseligkeit erkauft wird.

Und mir ist es nun mal auch wichtig, Netzwerke zu pflegen, die stabil sind, auf die ich mich auch in Krisenzeiten verlassen kann. Diese Netze funktionieren aber nur, wenn ich meinen Partnern auf Augenhöhe und mit Freundlichkeit begegne. Zwinge ich jemanden zu meiner Meinung oder einer Entscheidung gegen seinen Willen, so kann ich sicher sein, dass die Beziehung zu dieser Person leidet. Gerade im Gespräch über Dritte (das ich z.B. aus obigen Gründen auch nicht führe, aber das ich leider immer wieder als unfreiwilliger Zuhörer mitbekomme) erkennt man sofort, dass die Menschen, die glauben, sie hätten Freunde und Verbündete eigentlich nichts weiter haben als Menschen, die Angst vor der Person haben und ihr bei nächstbester Gelegenheit in den Rücken fallen würden. Und auch aus Titeln oder Ämtern bedingte Macht wird mittlerweile überschätzt. Denn selten war es einfacher, jenseits von Titeln und Macht etwas auf die Beine zu stellen. Crowdfunding, Crowdsourcing, Bloggen, 3D Druck, Selbstverlag. Wer die Arroganz der Macht und der großen Konzerne nicht mehr möchte, macht es mittlerweile eben wieder selbst. Oder sucht sich Gleichgesinnte und macht es gemeinsam. Wir leben in einer Zeit, in der nicht mehr zählt, welchen Titel oder welche Position ich habe, sondern in der es möglich wird, die individuelle Begabung zu nutzen.

Agressive und „über Leichen gehende“ Menschen sind keine Menschen, auf die ich mich verlassen kann und somit keine Netzwerke, die auch in Krisenzeiten tragfähig sind. Ein gutes Netzwerk besteht aus Dialog auf Augenhöhe. Und mit der nötigen Freundlichkeit. Deshalb bin ich weiterhin lieber nett. Macht das Leben zwar nicht unbedingt immer leichter. Aber erzeugt zwischenmenschliche Beziehungen im virtuellen wie im realen Raum, die auch in Krisenzeiten für einander da sind. Alles andere nenne ich die „Messer hinterm Rücken“ Philosophie.

Und das will ich nicht leben und auch nicht meinen Kindern vermitteln. Wir leben in einer so komplexen Welt, dass wir die darin existierenden Probleme nur gemeinsam bewältigen können. Nicht, in dem wir Machtspiele spielen, sondern indem wir gleichberechtigte Netzwerke entwickeln, die sich gegenseitig stützen und unterstützen. Und da liegt für mich die große Chance und Macht von sozialen Netzen.

Gerade auch die Ereignisse aktuell in der Türkei zeigen mir, dass sich niemand mit Agressivität und Ignoranz lange halten kann. Wir sind nicht mehr nur willig zu regierende träge Masse sondern können uns zusammenschließen und dadurch mehr erreichen. Und nie war das so einfach wie heute dank moderner vernetzender Technologien. Erdogan hat schon recht, dass er Twitter fürchtet. Nur stoppen wird er es nicht können. Der „normale“ Mensch mag das Miteinander und lehnt das Gegeneinander ab. Die Zeit des Konkurrierens und sich gegenseitig Ausstechens nähert sich dem Ende (eigentlich ist sie schon vorbei nur muss sich das erst durch die Generationen und Hierarchien durchpropagieren). Auch hier ist ein Teil dieser Wirkung meiner Ansicht nach die digital geförderte und vereinfachte Möglichkeit, sich zu vernetzen. Das Netz ist freundlich, wenn man es lässt. Und es kann böse werden, wenn man es daran hindern will. Aber nicht hinter der Maske böse. Direkt, offen und insofern ebenfalls ehrlich.

Ich amüsiere mich oft über die Schulungen, die man zu Themen wie Konfliktfähigkeit erhält. Nicht, dass ich sie schlecht finde. Nur leider ist es wie mit so vielen Schulungen. Wendet man es wirklich an, dann gerät man oft erst in Konflikte. Weil natürlich auch mein gegenüber das Wissen braucht.
Erst vor kurzem hatte ich einen Konflikt, weil ich eine EMail nicht gelesen hatte, bis sich rausstellte, dass man mir die Mail nur per CC gesendet hatte. Jeder, der Methodiken der Arbeitsorganisation gelernt hat weiß, dass ein Punkt beim Eindämmen der EMail Flut ist, Mails, die ich per CC erhalte zuallerletzt, wenn überhaupt zu lesen. Etwas wichtiges schickt man der Person direkt. Nun entstand der Konflikt aber gerade durch das Nichtwissen, oder das Nichtanwenden dieser Methodik durch mein Gegenüber. Man sieht also, man mag geschult sein so intensiv man will. Es bedarf einer gewissen Gelassenheit und Toleranz, gerade wenn man nur „nett“ sein will, aber dennoch seinen EIGENEN Weg geht. Und man muss auch immer beachten. Nur weil ich nach einem gewissen Prinzip lebe, tut oder versteht das nicht zwangsläufig meine Umwelt.
Und natürlich habe ich, und das ist etwas, das einzugestehen mir auch oft noch schwer fällt, selbst den grössten Fehler gemacht. Ich hätte meine Arbeitsweise bezüglich CC Mails offen kommunizieren müssen. Auch das sollte man immer beachten. Nicht nur „Lächel und Winken“ sondern das Prinzip auch kommunizieren, wann immer die Situation es erfordert.