Die Öffentlichkeit muss dich doch stressen

Einer der großen Irrtümer. Gerade dass ich nicht mit meiner Depression offen umging, ja sie nur als Begriff aber nicht als Faktum akzeptiert habe, hat mich ja erst in Lebensgefahr gebracht. Je mehr ich meine Geschichte öffentlich gemacht habe und mache, je mehr ich mich für Aufklärung zu Depressionen, Angststörung und Suizidversuchen engagiere, um so besser geht es mir, um so sicherer bin ich, nicht mehr in Gefahr zu kommen. Die einzige Gefahr, die manchmal lauert sind Menschen, die was ich äußere überinterpretieren oder zu persönlich nehmen, auch wenn mir das gerade auf so schnelllebigen Medien wie Twitter nie in den Sinn käme.

Aber Ironie und Sarkasmus für bare Münze zu nehmen wird zwangsläufig auch weiterhin in bösen Briefen und weiterführenden Drohungen resultieren. Nur, da ja nie das, was angenommen wurde bislang den Tatsachen entsprach, kann ich mich da zurücklehnen und es als Übung nehmen. Wäge ich auf, wer mir öffentliche Statements verbieten möchte und wer dankbar dafür ist, dass ich mich äußere, dass ich aufkläre, dass ich ein Buch über meine Geschichte veröffentliche, das auch die Vorgeschichte erklärt. dann ist mein Weg offensichtlich. Weiterhin aufklären, an Schulen, vielleicht sogar in entsprechend fortschrittlichen Unternehmen. Konzepte gibt es von mir und auch von der deutschen Depressionsliga e.V. deren Mitglied ich mittlerweile bin.

Und nein, es ist kein Stress, es ist zu einem bedeutenden Teil Heilung für mich, endlich offen mit meiner Erkrankung umzugehen, sie endlich als Teil von mir zu akzeptieren und zu verstehen, warum mich mehr Sorgen plagen, als andere, warum ich mehr schlimme Ereignisse befürchte.

Für mich wird auch weiterhin gelten, ich mache meinen Mund auf, mag das manchen auch nicht passen, ich brauche es für mein Wohl und das meiner Familie.

Und meine Geschichte schreibe ich weiterhin auf, mit allem, was an Gegenwind existiert aber auch mit dem Rückenwind, der mich ermutigt, aufbaut und vorantreibt. Die ehemalige Unwetterfront, Mischung aus Ängsten und Depression, die mich ziellos umhergewirbelt hat, ist kanalisiert in eine sehr steife aber lenkbare Brise, die mich vorantreibt, die mich antreibt, die mich weiter kämpfen lässt.

Und aus diesem Internet werde ich mich ganz sicher nicht mehr löschen.