Ich weiß, ich bin noch nicht „alt“. Zumindest nicht in den Augen meiner Kinder. Aber ich denke, mit meinen mittlerweile 46 Lenzen hat sich doch eine ganze Menge an Lebenserfahrung angesammelt, die ich hier nach und nach weitergeben möchte. In der einen oder anderen Art wird dieser „Brief“ vielleicht eine Serie ergeben, jetzt liegt mir aber zunächst einmal daran, ein paar Gedanken zu sammeln, da meine Kinder mittlerweile mit ausgesprochen guten und oft nicht einfach zu beantwortenden Fragen auf mich zu kommen und ich denke, dass das sicher auch für meine Leserschaft interessant sein dürfte.
Lieber Jan, liebe Katja, lieber Marc.
Ein neues Jahr, 2014 hat begonnen und ich habe beschlossen, hier meine Gedanken dazu zu sammeln, was ich in meinem bisherigen Leben so erlebt/erfahren habe und denke, dass es erwähnens- bzw. weitergebenswert ist.
Ihr drei seid für mich wirklich etwas besonderes, und jeder von euch liegt mir sehr am Herzen und bedeutet mir unendlich viel. Ihr stellt euch schon jetzt sehr bedeutsame Fragen nach dem Sinn des Lebens, dem Beruf, den ihr einmal ergreifen sollt und was ich für gut und was für böse halte.
Fangen wir mal von hinten an. Gut und Böse, da habt ihr gleich einen der schwierigsten Punkte. Denn das kann man überhaupt nicht pauschal sagen. Vieles, was gut gemeint ist, wird zu etwas Bösem oder etwas Böses kann der Quell für etwas ungeheuer Gutes sein. Für mich habe ich gut so festgelegt, dass ich mit meinen Handlungen niemandem bewusst schade und stets versuchen will, hilfsbereit, freundlich und tolerant zu sein. Das schließt für mich Hautfarbe, Geschlecht, Nationalität und ja, auch wenn ihr alle nicht getauft seid und ich mittlerweile Atheist auch die Freiheit des Glaubens ein. Euer Opa hat hier ein schönes Bild, das Igel Prinzip, ich will und verlange von meiner Umwelt so zu leben, dass wir alle unseren Platz haben und niemand den anderen willentlich beschränkt.
Das ist dann aber auch schon die nächste Lektion. Ihr werdet nie etwas 100% bekommen. Seid stets bestrebt, das Beste zu tun, zu sein, zu wollen. Aber seid euch auch im Klaren, dass das, was ihr für das Beste haltet immer auch nur das Zweitbeste sein kann. Wisst, dass das Leben aus einer immerwährenden Kette von Entscheidungen, Erfolgen, Misserfolgen, Fehlern ja auch kleinen und größeren Katastrophen ist. Beinahe schon abgegriffen ist das lateinische Zitat „Carpe Diem“ Nutze den Tag. Aber es ist wahr. Macht euch nicht zu viele Sorgen über die Vergangenheit, denn die ist vorbei und plant eure Zukunft aber sorgt euch nicht um sie, denn sie ist noch nicht da und ihr könnt nur mit euren HEUTIGEN Entscheidungen beeinflussen, wie die Zukunft sich gestalten wird. Bestimmen könnt ihr es nicht.
Auch wenn ihr euch Gedanken darüber macht, was ihr einmal werden wollt, übt euch in Gelassenheit. Freut euch über eure Begabungen, jede davon ist wertvoll und wichtig und kümmert euch um eure Defizite aber lasst euch von niemandem einreden, weil ihr etwas nicht so gut könnt, seid ihr ein schlechter Mensch. Und bei der Wahl eures Berufes, bedenkt stets, dass einen Beruf zu haben auch immer bedeutet, dass man nicht nur das tun kann, was einem an diesem Beruf Freude bereitet. Stets wird es auch Dinge geben, die nun mal gemacht werden müssen. Doch sucht nach etwas, das ihr mit dem Herzen tut. Denn es gibt schon genug Menschen, die in einem Beruf arbeiten, der sie nur unglücklich sein lässt. Versucht stets, den Entscheidungsdreiklang zu bedenken: Wenn etwas euch nicht gefällt, dann entweder ändert es, findet dennoch Gefallen daran oder geht weg. Und bitte umgebt euch nicht mit Menschen, die euch nach unten ziehen.
Menschen, die den ganzen Tag nur das negative sehen, die sich immerfort beklagen, sich selbst leid tun, die schaden auch ihrer Umwelt. Ihr könnt nicht glücklich, optimistisch, erfolgreich sein, wenn ihr euch mit beständigen Nörglern und negativen Menschen umgeht. Sucht die Gesellschaft von Optimisten, die die Welt realistisch aber positiv sehen.
Seid immer bestrebt, das beste zu geben, aber sucht nicht den Perfektionismus und was das absolut wichtigste ist. MACHT FEHLER. Fehler sind der wichtigste Bausteine auf dem Weg, besser zu werden. Und seid wissbegierig. Lasst euch nicht einreden, wir würden erst heute in einer Zeit lebenslangen Lernens leben. Ich lerne immer wieder mit Freuden etwas neues. Und wer das tut, der hat gar keine Zeit für Traurigkeit, Langeweile oder gar Einsamkeit. Lernt, und genießt es, immer wieder etwas neues zu erfahren, immer wieder den eigenen Tellerrand zu verlassen. Es gibt so viele Menschen, die sind seelisch jetzt schon tot, weil sie in der Vergangenheit leben, weil sie meinen, schon alles zu wissen. Und das schlimmste, sie selbst wissen es gar nicht, wie verkümmert ihre Seele bereits ist.
Toleranz, Freude, Entdeckergeist, ein positiver Blick auf die Zukunft ist nur dann möglich, wenn ihr die Zukunft als das anseht, was sie eigentlich ist. Ein unbegangener Weg, der erst durch das darauf voranschreiten entsteht. Und ein Weg, der so viele Abzweigungen, Gabelungen hat, dass es DEN richtigen Weg gar nicht gibt. Oder besser, alle Wege sind richtig, so lange sie sich nach vorne orientieren und ihr euch nicht mit dem befasst, was längst geschehen und hinter euch liegt. Macht Fehler, aber lernt daraus. Kein Fehler ist umsonst, wenn er euch auf eurem Lebensweg weiter bringt.
Ein Optimist zu sein, muss nicht heißen, den ganzen Tag nur die rosa Brille zu tragen und auch das größte Unglück noch wundervoll zu finden. Aber es bedeutet, dass ihr euch dessen bewusst seid, dass immer wieder ein Weg nach vorne führt, auch aus einem tiefen Tal kann man wieder empor steigen, wenn man nur will. Und vor allem bedeutet Optimist zu sein, nicht gleich aufzugeben, wenn etwas nicht auf Anhieb klappt oder auf dem Weg zum Ziel plötzlich Probleme auftauchen. Denn gerade, wenn ich etwas besonderes auf die Beine stellen will, dann gibt es Hindernisse, Hürden, Neider, Widersacher. Nur wer den Biss hat, seine Sache durchzukämpfen, wird auch seine Wünsche, seine Ziele erreichen.
Also lasst euch nicht entmutigen, wenn etwas nicht gleich klappt. Ist es eure Herzensangelegenheit, werdet ihr sie auch erreichen. Nicht gleich, aber auf jeden Fall irgendwann.
Und was den Sinn des Lebens angeht, für mich habe ich festgestellt, dass er einfach darin besteht, für sich persönlich möglichst viele Glücksmomente im Leben zu schaffen. Und da das größte Glück nichts wert ist, wenn es ein einsames, ein ungeteiltes Glück ist, bedeuten mir Momente wie das Zusammensein mit euch oder eurer Mutter, Gemeinschaft und Zuneigung viel mehr, als all die Dinge, mit denen ich mich umgebe. Sicher, ich hänge auch an Dingen, weil sie für mich Erinnerungen tragen oder mir der Umgang mit Ihnen Freude bereitet. Aber die wirklich tollen Momente im Leben waren nicht mit Dingen, sondern mit Menschen verknüpft. Eure Geburt, das Ja Wort eurer Mutter, als ich sie fragte, ob sie mich heiraten will. Der Moment, als ich einem Menschen das Leben retten durfte. Es sind immer diese Momente gewesen, die in meinem Herzen den größten Platz einnehmen.
Lasst euch in eurem Leben von niemandem den Weg vorschreiben, den ihr gehen wollt. Und bedenkt, dass der Weg, so er mit Blick auf die Zukunft gerichtet ist, immer dunkel und unklar sein muss. Achtet auf das, was um euch geschieht, nutzt Gelegenheiten, die sich euch bieten und wenn ihr euren Wunschberuf oder ein anderes euch wichtiges Ziel nicht auf direktem Weg erreicht, habt Geduld, es wird sich zur unerwartetsten Stunde ein neuer Weg auftun.
Als ich mir über meine Zukunft begann, Gedanken zu machen, und das muss so ungefähr zu der Zeit gewesen sein, als ich so alt war, wie ihr, da war ein großer Traum, denn wie ihr wisst bin ich ein großer Bücherwurm, dass ich irgendwann einmal ein Buch schreiben wollte, Autor werden, dessen Bücher man in jedem Buchladen erwerben kann. Es hat gedauert bis ich 46 Jahre alt wurde, aber nun ist der Traum war geworden. Ganz anders, als ich mir das damals ausmalte, aber nun kann ich tatsächlich in einen Buchladen gehen, und nach dem Autor „Uwe Hauck“ fragen.
Es gibt immer einen Weg und es wird auch immer eure Mutter und mich geben, die euch mit Freuden dabei unterstützen, jedweden eurer beruflichen Träume nach euren Möglichkeiten zu erfüllen. Aber wird werden euch nicht sagen, was ihr tun sollt, was ihr werden sollt, woran ihr glauben sollt. Wir können euch nur dabei helfen, die Erkenntnis zu gewinnen, was ihr für wichtig, gut, erstrebenswert haltet. Es ist nicht an uns, euer Leben zu bestimmen. Aber es ist unsere Aufgabe, euch so viel Wissen und moralisch-ethische Hilfe zu geben, wie ihr anzunehmen bereit seid.
Und wir werden da sein, auch wenn wir ganz fern sind. Alleine im Leben mögt ihr des öfteren sein, sei es durch einen Umzug, durch eine enttäuschte Liebe oder andere Umstände, doch einsam seid ihr nie, denn ihr habt uns, und ihr habt euch als Geschwister. Und das ist ein Band, das ein Leben lang hält.