Es gibt immer wieder mal ein Highlight, ein Gadget, bei dem ich sage, wow, alles richtig gemacht. Als die Simvalley AW414go von Pearl auf der letztjährigen IFA vorgestellt wurde, dachte ich, hey, wenn diese Präsentation nicht nur ein Fake war, dann könnte das die erste ernst zu nehmende Smartwatch sein und nicht nur eine Smartphone Erweiterung.
Ich habe dann aber doch gezögert, zumal ich mit meiner Pebble eigentlich wirklich zufrieden war. Als ich aber zum einen von Pearl eine Sonderaktion gestartet wurde, da konnte ich dann doch nicht widerstehen. Und ich muss sagen, ich bin nicht nur angenehm, sondern sehr überrascht, was diese Smartwatch so alles leistet. Diverse Berichte anderer Blogger, die die Uhr kurz ansehen und ausprobieren durften, klangen von zumindest angetan, bis hin zu euphorisch. Da war es für mich nochmal extra wichtig, ganz unabhängig testen zu können, damit man mir nicht nachsagen konnte, ich würde da etwas nur wegen des kostenlosen Testgeräts in den Himmel loben. Mache ich sonst auch nicht, aber man weiß ja, wie der gemeine Internet Troll so ist. Also für den Start, die Uhr habe ich mir auf eigene Faust angeschafft und auch dieser Test ist komplett unabhängig und eigenständig gelaufen und läuft noch. Zunächst ein paar Worte zu den Features der Smartwatch. Ich besitze jetzt die AW414go mit folgenden Spezifikationen:
- IPS-Display
- Hoch-sensitiver 1,5″-Touchscreen (4 cm, 240 x 240 Pixel)
- Multitouch und präziser Touchscreen-Stift
- Dual-Core-Prozessor: Cortex A7-Prozessor mit 1,0-GHz-Taktung, 512 MB RAM
- Betriebssystem: Android 4.2.2 JellyBean
- Navigation: GPS, G-Sensor, E-Kompass
- Quadband GSM 850/900/1800/1900
- Vertrags- und SIM-Lock-frei: (Format: Micro-SIM)
- Variabler Speicher: microSD/SDHC bis 32 GB
- Datenübertragung: HSPA bis 7,2 Mbit/s, WLAN bis 150 Mbit/s, Bluetooth 4.0
- Lautsprecher und Mikrofon integriert
- 3-MP-Kamera für Fotos und Videos
- Mit Vibrationsalarm
- Mediaplayer-Funktion: MP3, MIDI, Ogg, PCM, WAVE, JPEG, GIF, BMP, PNG, MPEG
- Li-Ion (600 mAh), Standby bis zu 75 Stunden, wenn ich sie normal nutze reicht der Akku für einen Tag
- Maße: 45,3 x 44,3 x 14,1 mm, 90 Gramm inkl. Akku
- Smartwatch inklusive Stift, Ladeschale, Akku, USB-Kabel, Schraubenzieher, Schnellstart-Anleitung
So weit zur Technik. Das ganze kommt in einer netten Schachtel auf einem Kissen daher, so wie man es von „normalen Uhren“ kennt.
Die Uhr ist recht dick, aber wenn ich mir Uhren von Casio oder Swatch anschaue, sind diese zum Teil mindestens genauso dick. Um die Sim Karte einzustecken muss man an der Seite einen kleinen Deckel aufschrauben, die Schrauben sind von der Größe her winzig, aber es liegt ein passender Schraubenzieher sowie Ersatzschrauben bei. Im Prinzip ist es die Schraubengröße, die man auch von anderen Uhren mit verschraubtem Deckel kennt. An der Hand getragen fühlt sie sich nicht übermässig schwer an und nach einer gewissen Zeit merkt man nicht mehr, dass man eine Uhr trägt. Was kann die Uhr nun alles. Da kann man ganz einfach sagen, im Prinzip alles, was jedes Android Smartphone kann. Da ich vollen Zugriff auf den Google Play Store habe, kann ich auch alle Apps installieren, die für die Uhr geeignet sind. Das heißt nun nicht, dass auch alle sauber auf der Uhr laufen.
Dies ist aber der Größe der Uhr und ihres Displays geschuldet. Ich war allerdings überrascht, wie viel doch geht. So kann ich jetzt meine Laufrunden mit der Uhr erfassen, was an sich schon fast ein Kaufgrund ist, da sie mit den 199 Euro ja durchaus konkurrenzfähig zu anderen Sportuhren ist, aber bei weitem mehr „Extras“ bietet. Der Lautsprecher ist hinreichend gut, um alles gut zu verstehen, Musik lässt sich via Bluetooth Kopfhörer genießen, auch fürs Telefonieren ist ein Headset sinnvoll, obwohl das auch hinreichend gut mit der Uhr selbst geht. Dank GPS und Bewegungssensor kann auch was die Erfassung von Bewegung angeht die Uhr mit jedem Smartphone mithalten. Das GPS ist dabei erstaunlich genau und ich bekam recht schnell einen Satellitenfix. Intern hat die Uhr 512MB Speicher, den man aber mit einer Speicherkarte um bis zu 32Gbyte erhöhen kann. Es passen also einige Apps auf die Uhr. Und die Performanz ist durchweg gut, ein Antutu Benchmark kategorisiert die Uhr mit etwa der Performanz des Samsung Galaxy S2 ein, was ich für einen extrem guten Wert halte.
Die Laufzeit der Uhr wird im Standby mit 57 Stunden angegeben. Als ich sehr viel mit der Uhr ausprobiert habe, sie also quasi permanent an war, ging ihr nach etwa 5 Stunden die Puste aus. Bei normaler Nutzung, wie man sie auch mit dem Smartphone im Alltag hat, reicht der Akku locker einen Tag. Erstaunlich war für mich vor allem, wie viele Apps darauf laufen und welche Performanz die Uhr an den Tag legt. So konnte ich als Beispiel Riptide GP2 auf der Uhr ohne Probleme starten und es war auch gut spielbar.
Was für mich aber viel wichtiger ist. ALLE von mir bevorzugten Apps, laufen auf der Uhr und sind gut bis sehr gut bedienbar. So kann ich auf der Uhr unter anderem folgende Apps nutzen: Any.do
Cal
Bring!
Runtastic Pro
c:geo
Foursquare
Facebook
Twitter
Google+
Skype
Regenalarm
SleepAsAndroid
Zapitano
OSMand+
Aviate
Nova Launcher
Feedly
Miso
Komoot
JuiceDefender
ISSDetector
IPCam
ViewerGo
CleanMaster
AmazonKindle
Swype
Minuum
Und für die Unterhaltung:
Alle Spiele von Kairosoft
BadPiggies
CutTheRope
Riptide GP2
Man muss sich natürlich darüber im Klaren sein, dass wenige Entwickler speziell auf ein Bildschirmformat von 240×240 Pixeln Rücksicht nehmen, aber die Menge an nützlichen Anwendungen, die ich bislang bereits gefunden habe, überzeugt mich, dass auch auf diesem Format sinnvolles Arbeiten möglich ist. Zudem funktionieren auch diverse Programme, die speziell für kleine Bildschirme entwickelt wurden, wie das Minuum Keyboard oder diverse Speedreader nach dem „Spritz“ Speedreader Prinzip. Und wenn es mal wirklich zu schwierig mit der Eingabe wird, ist auch ein kleiner Ministift beigefügt, den man relativ sicher ans Armband clippen kann und selbst ein normaler Stift oder Kugelschreiber funktioniert auf dem Display.
Allerdings muss ich sagen, dass schon die „eingebaute“ Tastatur erstaunlich gute Ergebnsise liefert. Zumal man, wenn man ehrlich ist, auf solch einer Smartwatch auch mit Sicherheit keine größeren Texte schreiben will.
Als einziger Kritikpunkt verbleibt bei mir, dass die Rückseite der Uhr bzw. die dort angebrachte dunkle Beschichtung sich schon nach wenigen Tagen ablöst.Das sieht sehr unschön aus, ist aber zu verschmerzen, da die Rückseite ja sowieso nicht sichtbar ist. Zudem hat Pearl auf Anfrage erklärt, dass es sich dabei um einen Schönheitsfehler handelt, der leider bei einer Charge aufgetreten ist, aber außer dem Abfärben keinerlei negative Auswirkungen hat.
Insofern kann ich wirklich sagen, die AW414go ist für mich die einzige momentan auf dem Markt befindliche ECHTE Smartwatch, die zumindest zeitweise auch mal anstelle eines Smartphones genutzt werden kann und nicht nur „verlängertes Display“ ist. Was ich an Kritikpunkten im Netz gelesen habe, kann ich nur zum Teil nachvollziehen. So beschwerten sich manche über die Größe der Uhr. Die ist aber, wenn ich sie wie bereits geschrieben mit anderen Sportuhren vergleiche im völlig normalen Rahmen. Die kleinen Schrauben sind auch nicht kleiner, als bei anderen Uhren mit vergleichbarer Verarbeitung. Dass die Oberfläche nur zum Teil angepasst ist, liegt auch daran, dass es wohl kaum Aufgabe eines Herstellers sein kann, dafür zu sorgen, dass auch alle von Dritten entwickelten Anwendungen angepasst sind. Entweder, ich möchte ein echtes Android auf meiner Uhr oder eben etwas spezielles, das dann die anderen Anwendungen wieder aussperrt.
Und zudem lassen sich ohne Probleme andere Launcher installieren. Ich nutze mit Begeisterung den Aviate Launcher, der auf der Smartwatch fast noch mehr Sinn macht, als auf dem Smartphone, da er mir je Ort und Kontext gleich ein passendes Set meiner wichtigsten Anwendungen liefert. Dass das Display klein ist, da kann ich nur sagen, ach was, entweder, ich will eine Smartwatch, oder ich schnalle mir gleich ein kleines Smartphone an den Arm. Hier sollte man halt nach Apps suchen, die eine veränderbare Schriftgröße haben oder verstärkt auf iconische Darstellung achten. Ich halte die AW414go im Moment für den bestmöglichen Kompromiss aus großem Funktionsumfang, flexibler Konfigurierbarkeit und autonomem Device.
Da ich bereits die Pebble und die Galaxy Gear getestet habe, würde ich hier folgendes Ranking aufstellen
1) AW414go
2) Pebble
3) Galaxy Gear
und nach allem, was ich bisher gelesen habe, wohl auch die Nachfolgegeneration.
Die Gear ist für den Funktionsumfang, den sie bietet viel zu teuer und auch in der gesamten Softwarestruktur für den Durchschnittnutzer zu proprietär. (komplizierter Installweg mittels eigener Software) Die Pebble punktet vor allem mit einer sehr guten Laufzeit, ist aber ohne Smartphone relativ dumm, und die App Infrastruktur ist bei weitem kleiner als die von Android. Zwar ist die AW414go auch noch nicht das Optimum, kommt dem aber schon sehr nahe. Zumindest ist das als Basis für weitere Modelle eine super Grundlage.
Von mir aus dürfte z.B. die Kamera gerne wegfallen, wichtig sind mir bei einer solchen Uhr eher die programmatischen Werte. Spannend wird, ob noch etwas an der Batterielaufzeit geschraubt werden kann. Ich experimentiere gerade mit Juice Defender, einer Anwendung die die Uhr ja in Ruhephasen komplett vom Datenverkehr trennt und nur kurz aktiviert, um Updates zu holen. Auch das dürfte der Laufzeit nochmal ein Plus geben. Aber für eine Uhr, die mit einem AMOLED Display aufwartet und UMTS sowie WLan an Bord hat ist die Laufzeit schon wirklich bemerkenswert.