Eines fällt mir immer deutlicher auf, je länger in Politik und Gesellschaft Proteste zeigen, dass etwas faul ist, aber nicht nur im Staate Dänemark.
Die Occupy Bewegung, die Kritik an der Kirche und ihren starren Strukturen, die Piratenpartei als Gegenmodell gegen die verkrusteten Parteikarrieren und Strukturen.
Was aber elementare Unterschied ist, und was wieder einmal die durch Social Media angestossenen gesamtgesellschaftlichen Veränderungen zeigt, viele sind nicht mehr bereit, jemanden „über ihnen“ zu akzeptieren, nur weil er durch Karriere oder qua Amts eine übergeordnete Stelle einzunehmen meint. Und insbesondere ist die Bevölkerung sehr kritisch gegenüber dogmatischen Aussagen geworden. Der Expert ist nicht mehr länger unhinterfragt, und selbst die Medien sehen sich immer mehr in einem Zwang, zusätzlich den Beweis zu erbringen, dass was sie schreiben auch wirklich wahr ist.
Bevor es die diversen Möglichkeiten zur Vernetzung jenseits von Hierarchien und Titeln gab, war es recht schwer, die Gegebenheiten und Gepflogenheiten außerhalb des eigenen Lebensumfelds zu durchdringen. Man war von der Filterblase klassische Medien abhängig. Heute jedoch kann vieles hinterfragt werden. Und gerade nachdem diverse Fehlleistungen bis hin zu offensichtlichen Verbrechen wie Kindesmissbrauch publik werden und ein Diskurs jenseits der offiziellen Kanäle möglich , ja gar ein Einwirken auf Entscheidungsträger durch die Macht der Masse möglich ist, werden immer mehr die Legitimationen derer da oben hinterfragt.
Das mag für manchen, der sich nur aus seinem Rang und seiner Karriere definiert bitter sein, bietet meiner Ansicht nach aber auch die grosse Chance für wirkliche Veränderungen.
Denn es werden auch die diversen Lobbys ausgehebelt, und es ist viel einfacher geworden, für ein gesellschaftlich relevantes Ziel die Aufmerksamkeit der Masse zu erlangen, als noch vor der Möglichkeit der freien Vernetzung und schnellen Verbreitung von Nachrichten in den sozialen Netzwerken.
Die sozialen Netzwerke lösen keine Revolution aus und hinterfragen auch nicht die Berechtigung eines Managers, Millionen zu verdienen während seine Mitarbeiter Lohnkürzungen hinnehmen müssen. Aber die Menschen die sie nutzen können mit viel lauterer Stimme sprechen.
Und wie man an der beginnenden Verzahnung von „klassischen“ und neuen Medien sieht, sie werden immer stärker gehört. Auch in den Kreisen, die gerne die drei Affen spielen würden.
Und selbst bisherige Arbeitszeitmodelle, gar ganz Wirtschaftsmodelle werden hinterfragt. So war erst gestern auf Twitter zu lesen: Modell der Zukunft heißt Gemeinwohl-Ökonomie. Und erste Firmen implementieren selbst in Deutschland das ROWE Modell (Results Only Work Environment). All diesen Initiativen gemein ist aber, dass sie sich von den angeblich zwingend notwendigen Prinzipien in Teilen verabschieden, die für ihre Branche oder Kultur als gesetzt gesehen werden und Dinge neu denken. Auch neue Konzept wie Crowdfunding und Collaborative Consumption weisen in eine Richtung, die viele Aspekte des heutigen Wirtschaftssystems und des Konsumverhaltens hinterfragt und ein realistischeres Denke dem Standesdünkel und dem „Ich muss mindestens so gut sein wie mein Nachbar“ entgegenstellt.
Was mir daran sympathisch ist? Der Mensch rückt paradoxerweise wieder in den Mittelpunkt, nachdem viele das Gefühl hatten, in der Gesellschaft nur noch als Humanressource und Konsument gesehen zu werden. Das ist eines der Indizien dafür, dass die Untergangsapolegten ein falsches Bild von den Effekten sozialer Vernetzung zeichnen. Nicht die Vereinsamung ist das häufige Resultat eines sozial vernetzten Lebens, sondern vielmehr das Gegenteil. Man verbindet sich häufiger mit Menschen ähnlicher Interessen, engagiert sich schneller aber auch punktueller.
Meiner Ansicht nach bieten die sozialen Netze die Chance, wirkliche Veränderung zu bewirken, die auch auf der Basis einer breiten Mehrheit fußt. Spätestens, wenn die Vernetzung in der Gesamtbevölkerung angekommen ist, wird es Zeit für die Hierarchiegläubigen, unzudenken.