Schaffst du das denn?

Mittlerweile steigt das Interesse an mir, meiner Geschichte und dem Buch. Diverse Zeitungen haben mich interviewt, auf dem deutschen Patientenkongress werde ich zwei Programmpunkte bestreiten, ich bin zu einem Interview nach Lübeck geladen und auf eine Veranstaltung in München.

Lesungen kommen noch dazu, unter anderem in Regensburg und Düsseldorf.

Natürlich kriege ich jetzt beständig die gleiche Frage zu hören: Schaffst du das denn?

Ja! Warum denn nicht. Das macht mir Freude, ich spreche gerne vor Menschen und das Thema Depression in die Öffentlichkeit zu bringen und zu entstigmatisieren ist mir sehr wichtig, weil das auch direkt mir hilft. Denn letztlich hätte sich vieles vermeiden lassen, wäre ich früher und offener mit der Erkrankung umgegangen. Schon die Arroganz mancher Vorschrift noch während meiner Erkrankung hat mich eher krank gemacht, als mir geholfen: „Herr Hauck, Sie brauchen Regeln.“ „Herr Hauck, löschen Sie sich aus diesem Internet.“ „Herr Hauck, sie sind internetsüchtig und müssen das beenden.“ Alles Bullshit, alles Ratschläge, die in Folge die Situation nur noch verschlimmerten.

Erst in der offenen Station meiner Klinik hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, ich selbst sein zu dürfen, ohne dass mir dauernd jemand meint vorschreiben zu müssen, wie ich mein Leben lebe.

Das war nämlich der eigentliche Grund für das ganze Drama. Ein Leben, das ich permanent nach den Kriterien anderer gelebt habe. Immer der Gedanke, was mögen die anderen denken. Immer die Furcht, wenn ich nicht tue, was vor allem jene mir vorschreiben, die existentiellen Druck auf mich ausüben konnten, dann würde meine Existenz enden.

Heute weiß ich, der wichtigste Ratschlag ist, erst auf sich selbst hören und das eigene Gefühl. Und einen Teufel drauf geben, was andere denken. Das kann man sowieso nicht steuern und nimmt meist viel Schlimmeres an, als dann wirklich gedacht wird.

Wenn mich jemand fragt: „Schaffst du das?“ kann ich heute sagen: „Klar. Auch wenn das dir vielleicht nicht gefällt.“

P.S.: Alles, was man an mir ändern wollte, wozu man mich bringe wollte, hat letztlich im Rückblick das Gegenteil bewirkt. Ich bin im Netz aktiver denn je, stehe jetzt noch viel stärker zu meiner Rolle als Buchautor und werde nicht müde, weiterhin Aufklärungsarbeit zu leisten. Und bislang gab es keine neuen Drohbriefe mehr mit Rede- oder Kontaktverboten für meine Frau oder mich und auch keine Briefe mehr, die mit dem Anwalt drohten, wenn ich etwas schriebe, das irgendwer auf sich beziehen könnte. Also entweder haben sich die Wogen geglättet, oder aus meinem kleinen Segelboot ist ein Ozeandampfer geworden, der sich von kleinen Böen nicht mehr ins Bockshorn jagen lässt.