Du warst doch jetzt in Kliniken, jetzt bist du doch gesund

Nein, eben nicht. Ich bin eben nicht gesund. Ich formuliere es eher wie folgt: Ich kenne jetzt meine Krankheit, und habe sie besser, aber nicht total unter Kontrolle.

Zumal ich nicht nur eine Depression, und zwar eine chronische mit mir herumschleppe, die ich wohl schon seit Jahrzehnten habe, es gehört zur Diagnose auch noch eine generelle Angststörung, wohl auch ein „Überbleibsel“ meiner Kindheit und Jugend. Und Ängste wird man nicht so einfach los. Warum ich so offen damit umgehe hat zum Teil damit zu tun, dass ich es leid bin, mich zu verstellen und den entspannten, fröhlichen Menschen zu spielen, wenn mich meine Ängste innerlich förmlich zerfressen.

Klar, ich habe Mittel an die Hand bekommen, diese Ängste zu steuern. Und im Alltag, sei es beruflich oder privat, kann ich meist sehr gut damit umgehen. Aber es gibt Trigger, ganz bestimmte Trigger, wenn ich denen massiv ausgesetzt werde, dann entsteht instant Panik. Nicht langsam ansteigend, sondern von 0 auf 100. Und da helfen dann auch meine Tricks nichts. Da ist es besser, die Trigger zu meiden, oder sich schon zuvor intensiv darauf vorzubereiten. Aber für mich ist vor allem in depressiven Phasen vermeiden das beste.

Das ist es, warum ich öffentlich bin, warum ich über meine Krankheit spreche. Weil es noch so viel Unverständnis für psychische Krankheiten gibt. Wir sind weder gefährlich, noch unproduktiv, noch dumm.  Aber wie andere Menschen, die eine chronische Krankheit haben, müssen wir unser Leben anders arrangieren, als gesunde Menschen. Ja, ich weiß, dass meine Ängste oft irrational, übertrieben sind. Aber sie sind da und sie überrollen mich. Da ist es dann wenig hilfreich, mich mit Ratschlägen wie, du übertreibst, ist doch alles nicht so schlimm zu trösten. Doch, für mich in diesem Moment ist es schlimm. Und eigentlich will ich mit meiner Angst da nur akzeptiert werden. Weil wie meine Depression die Angst für mich spürbar und real ist. Sie geht irgendwann vorbei. Aber das dauert länger. Und in dieser Zeit ist Verständnis am hilfreichsten.

Vielleicht sollte man sich einfach vor Augen halten, dass Menschen mit psychischen Krankheiten sehr stark sind, weil sie jeden Tag den Kampf gegen die Hemmnisse durch die Krankheit aufs neue aufnehmen. Manchmal gewinnen wir, manchmal verlieren wir. Aber wir kämpfen.