Wir verlieren uns in Prozessen und Strukturen

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Ich auf einem Barcamp, die ideale Kombination aus geplant und nicht geplant und vielleicht gerade deshalb so beliebt und erfolgreich.

Bei dem Vortrag zur Stein Strategie auf der re:publica ist mir eines in den Sinn gekommen. Wir leben in einer Zeit, in der wir einen unglaublichen Wasserkopf damit beschäftigen, Formalismen zu entwerfen, zu prüfen, durchzuführen. Nichts geht mehr ohne Freigabe, ohne ausfüllen von zig Dokumenten und ohne Software, die uns vorgibt, wann wir was wo zu tun haben.

Dem liegt aber ein großer Irrtum zu Grunde. Der Irrtum ist der, der auch Selbsthilfebücher so erfolgreich, die Leser aber immer verwirrter, erfolgloser zurücklassen.

Es ist die Suche nach dem Rezept fürs Leben. Sei es nun im Beruf oder im Privatleben, immer wollen wir alles „richtig“ machen. Aber oft trauen wir uns nicht selbst zu, das Wissen darüber zu besitzen, was richtig ist. Also suchen wir nach Regeln, nach Vorgaben. Und das hat in der Vergangenheit auch gut funktioniert. Weil unsere Gesellschaft innerhalb einer, manchmal gar mehrerer Generationen stabil war. Es veränderten sich keine grundlegenden Rahmenbedingungen.

Aber genau das hat sich mit der Jahrtausendwende, und eigentlich schon in den Jahren davor gewandelt. Der technologische Fortschritt beschleunigt alle Lebensbereiche. Und was heute noch als feste Vorgabe gilt, kann Morgen falsch sein. Und wie antworten wir auf dieses Dilemma? Nicht, wie es eigentlich vernünftig wäre flexibel und offen für Veränderung. Nein, wir pressen alles noch stärker in Prozesse, schreiben den Menschen noch mehr vor, wie sie was zu tun haben und kontrollieren bis zum Exzess. Das macht zwar nichts besser, aber so fühlen wir uns im Besitz der Kontrolle, die wir eigentlich schon lange verloren haben.

Wer überwacht und kontrolliert wie was geschieht, der macht die Sache nicht besser, sondern er erzielt, wenn er Glück hat, das Ergebnis, das er durch Überwachung haben wollte. Dass dieses Ergebnis oft nicht das optimale und häufig gar das falsche ist, das erkennt dann niemand, weil ja alles „nach den Regeln“ gespielt hat. Dumm nur, dass sich das Spiel zwischenzeitlich geändert hatte.

Wir sollten uns wieder mehr um das Wissen einzelner, um Erfahrung und informelle Lösungen kümmern. Prozesse haben uns bislang nur in falsche Richtungen oder den Burn Out geführt. Und wie eine jüngste Studie wieder eindringlich veranschaulicht. In eine zumindest zur Hälfte unglückliche Arbeitnehmerschaft.