Die Post re:publica Depression. Und ein paar Mittelchen dagegen

Bm8B3ixIQAAsGfODiesen Text schreibe ich, auch wenn er erst später erscheint im Zug zurück von einer grandiosen re:publica 2014. Und ich weiß schon jetzt, dass ich mich spätestens am Montag Morgen zurück wünsche in diese Ansammlung kreativer, schreibaffiner, denkaffiner, querdenkender ganz besonderer Menschen.

Es ist eigentlich nicht die Stadt Berlin, die die re:publica ausmacht, es sind die Menschen, die hier zusammenkommen und sich wie selbstverständlich jenseits von Ideologien und vorgefertigten Denkmodellen austauschen. Wer zur re:publica geht, und wieder kommen will, der hat die Gabe des „Über den Tellerrand hinaus denkens“.

Das ist es, was für mich bei der Vielfalt und Divergenz der Vorträge das verbindende Element war und ist. Alle sind interessiert, alle bereit, sich auszutauschen. Manchmal lässt man dafür sogar eine Session Session sein, um ein gutes und anregendes Gespräch weiter zu führen. Insgeheim würde ich mir wünschen, alle re:publicaner könnten ein halbes Jahr einfach nur beisammen sein, weiterdenken, Ideen ausentwickeln. Es würden sicher fantastische Dinge dabei entstehen.

Nun aber begibt sich die „Gemeinde“ (Netzgemeinde werde ich mir sparen, denn die re:publica geht längst über die netzaffinen Menschen hinaus) wieder zurück in ihren Alltag. In anderen Städten oder der Digitalen Diaspora. Zu Kolleginnen und Kollegen, die die Denkmuster teilen und es nicht schlimm finden, wenn man ein Smartphone benutzt bis hin zu jenen, die einen gleich mit vernichtenden Blicken zurücklassen, erlaubt man sich auch nur ein wenig Technikaffinität zu zeigen.

Was nehme ich mit, was sollten wir mitnehmen? Zum einen die nötige Penetranz, die wichtigen Themen, die auf der re:publica diskutiert wurden immer und immer wieder in den Alltag zu tragen. Das ist die negative Seite daran, wenn man sich mehr mit der Zukunft, mit dem befasst, wie es sein könnte, es sein sollte. Man braucht eine gewisse nervende Penetranz und darf sich nicht von Widerständen irritieren lassen. Wir sollten weiterhin das Thema Datenschutz und PRISM in der Öffentlichkeit aufrecht halten, denn die Überwachungsverbrecher auch in unserer Regierung hoffen, dass sich das ganze irgendwann von selbst erledigt.

Wir sollten wieder mehr darüber nachdenken, nicht so sehr gegen die Unternehmen zu arbeiten, sondern sie vielmehr ins Boot holen, ihnen klar machen, dass gelebter Datenschutz und entsprechende Angebote ein Marktvorteil sein können und dass in Zukunft das Geschäftsmodell gewinnt, dass nicht nur den Profit, sondern auch und insbesondere den Kundenvorteil in den Fokus stellt. Auch wenn ich Sascha Lobos Vorträge manchmal „anstrengend“ finde. Der diesjährige hat zu Recht aufgerüttelt und uns unsere eigene Trägheit vor Augen geführt. Es reicht eben nicht, bei jeder neuen Petition zu unterzeichnen und ein Like zu teilen. Wir müssen auf diejenigen zugehen, die (manchmal dummerweise) in unserem Namen über die digitale Welt entscheiden. Und wer das nicht kann, ja der sollte doch tatsächlich mal bereit sein, zu spenden oder gleich Mitglied zu werden in einer jener Vereinigungen, die sich nicht wie der vorgestrige ADAC mit Technologien der Vergangenheit sondern wie CCC oder Netzpolitik mit den Themen der Zukunft befassen.

Die re:publica, und das fand ich ausgesprochen angenehm, disktuierte weit mehr über Gesellschaftsmodelle, über politische Themen, als in den Vorjahren, sie ist erwachsen geworden, ohne sich erwachsen aufzuspielen. Sie ist weiser geworden und gleichzeitig in der Vielfalt der Themen verspielter.

Jetzt ist es an uns, das, was wir in diesen drei intensiven Tagen gelesen, gehört, gesehen haben, die Gespräche und Ideen, die wir gemeinsam entwickelt haben, in den Alltag zu tragen. Quasi wie eine re:public Guerilla immer wieder dort aktiv zu werden, wo wir jenseits von unseren Rollen oder „Daytime Jobs“ merken, dass wir etwas bewirken können.

Ich für meinen Teil fand insbesondere den Track über die Rolle von digitalen Medien und digitalem Wissen in der Bildung hochgradig spannend, denn an uns, ja auch an uns Eltern ist es, unseren Kindern das Werkzeug für einen positiven Umgang mit der digitalen Zukunft mitzugeben.

Insofern arbeite ich jetzt bereits an einem Sessionvorschlag für die #rp15. Und werde mein Wissen in Schulen und in die Köpfe von Lehrern, Eltern und Schülern zu transferieren versuchen. Und das hat nichts mit „was ist das beste Smartphone“ zu tun. Sondern mit Datenschutz, Netzpolitik und gesellschaftlichem Wandel.

Und trotzdem. Ein bisschen Blues habe ich, deshalb, wenn ihr mir auf Twitter über den Stream lauft: Bin immer für ein wenig #flausch dankbar 😉

Ach und nein, ich habe keinen Grund, bewußt offline gehen zu müssen. Es stört mich nicht und wer interessant ist, wer mich ernsthaft anhört, für den lege ich mein Smartphone jederzeit zur Seite. Leider gibt es einfach zu viele langweilige Menschen, und Gott sei Dank nicht auf der re:publica 😉