Wir brauchen eine rebellische Jugend

Wir sind eine erschöpfte Gesellschaft“ titelt die FAZ und trifft damit einen Nerv. Im Interview mit dem Psychologen Stephan Grünewald hofft dieser unter anderem endlich wieder auf einen Generationenkonflikt.

Ja, das wäre was, wenn die Jugend den ewigen Optimierungswahn der „Älteren“, das Opfern alles anderen für den Erfolg im Beruf, die permanent erwartete Mehrleistung und Überstunden einfach mal hinterfragen würde.
Wenn die Jugend mal aufstehen würde und sagen: Seht, wohin uns dieser Wahn nach immer mehr geführt hat. Wir zerstören unsere Umwelt, wir sorgen nicht für eine Gleichverteilung des Wohlstands sondern raffen, was das Zeug hält, wir machen uns selbst durch unsere übersteigerte Spitzenleistungsbereitschaft krank.

„Empört euch“ war ein erster Aufruf, Occupy ein kleines Signal. Aber es braucht eine ganze Generation, die sich dem Irrsinn verweigert, die wieder nach dem eigentlichen Lebenssinn fragt. In der Generation Y gibt es erste Ansätze aber die Strukturen „da oben“ sind viel zu starr, als das eine Kritik hier und da irgendetwas verändern würde. So lange der Ellenbogen und die Präsenz immer noch die wirksamsten Mittel für die Karriere sind, so lange wird sich nichts verändern. Und wer im kleinen jeden Betrug schwer ahndet, gleichzeitig aber große Betrüger mit Abfindungen abspeist oder gleich wieder woanders einstellt, der sollte zur Verantwortung gezogen werden. Es muss auch die unterlassene Strafverfolgung geben.

Warum sind die meisten Dienstwagen immer noch großkotzige Nobelkarossen, während sich die Jugend vom Auto als Statussymbol verabschiedet.
Es gibt viele unglaubliche Widersprüche. Aber diese müssen thematisiert werden. Sonst bewegt sich nichts, sonst bleibt alles beim krank machenden alten.

Und auch die jüngste Unicef Studie bestätigt mich in meinem Eindruck, dass wir unseren Kindern ihre Jugend stellen in dem wir sie in das gleiche dämliche Hamsterrad stecken, aus dem schon viele Burn Out ebenso wie Hartz IV Gefährdete kamen. Wir haben leider eine Politik, die bereit ist, alles für die Wirtschaft zu tun und dabei vergisst, dass es hauptsächlich der kleine Steuerzahler ist, der ihnen ihre teuren Berliner Büros und ihre hohen Diäten finanziert, während sie oder er selbst quasi weniger in der Lohntüte hat, als noch vor ein paar Jahren. Wir tolerieren den Irrsinn eines Schneller, höher, weiter unhinterfragt auf Kosten derer, die dank dicker Bankkonten ganz entspannt dem Rattenrennen zusehen können.

Wir brauchen wieder eine menschliche Kultur, die wirtschaftliche führt uns immer näher an den Abgrund.

Für mich ein kleines aber feines Nachschlagewerk gegen den Optimierungswahn ist: “Gut reicht völlig” von Bettina Stackelberg, das ich jedem nur empfehlen kann, der für sich erkannt hat, dass die Karriereleiter von außen betrachtet oft ein Hamsterrad ist.